Die Maschine entscheidet

IT-Banker, Ausgabe 3, 2002

von Herbert J. Joka

Aus den Inhalten vorhandener Datenbestände aussagefähige Informationen hinsichtlich der Bonität von Kunden zu generieren oder den Adressatenkreis für eine Mailingaktion von vorn herein schärfer eingrenzen, Fuzzy-Logik ermöglicht es.

Mit unscharfen Anfangsbedingungen präzise Ergebnisse erzielen. Mittels einer Software-Lösung, die auf Basis menschlicher Entscheidungsstrukturen arbeitet, ermöglicht es dem doch noch menschlichen Bearbeiter, mit scheinbar "unpräziser" Daten dennoch schnell genaue Ergebnisse z.B. bei der Bonitätsprüfung im Bankenbereich zu erzielen.

Wer bei Berechnungen aussagekräftige Ergebnisse erhalten will, geht meist von der Grundidee aus, dass die Eingangswerte, die für eine Berechnung herangezogen werden sollen, bereits "präzise" sein müssen. Ansonsten würde das Ergebnis zwangsläufig nur "ungenau" werden können. Dieser vermeintliche "logische Schluß" kann aber durchaus auf einen Holzweg führen. Dann nämlich, wenn die Daten von ihrem Wesen her überhaupt nicht geeignet sind, präzise Ergebnisse zu liefern, oder wenn es sehr viele Daten gibt, die auf einen Blick nicht einfach erfassbar sind.

Auf einen Blick

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Harte Fakten schaffen mit unscharfen Anfangsinformationen scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Doch mit Hilfe einer speziellen der menschlichen Denkstruktur folgend, erledigt ein Qualicision-Tool wertvolle Vorarbeit z.B. bei einer Bonitätsprüfung. Nicht immer müssen klare Fakten für eine Analyse oder Bewertung zur Verfügung stehen. Fuzzy-Logik ist der Schlüssel dazu.

Analog der menschlichen Denkstruktur gibt es sehr wohl eine Methodik, zu einem Ergebnis zu kommen: durch Selektion und Kombination. Vereinfacht gesagt, werden dabei Informationen zunächst grob eingeteilt und ihnen eine Priorität zugeordnet. Im nächsten Schritt eines Entscheidungsprozesses werden die nicht relevanten Fakten direkt verworfen und die als bedeutungstragend definierten herangezogen. Das hat den Vorzug einer unverzüglichen Entschlackung der anfallenden Informationen.. Neben der Reduktion des reinen Rechenaufwandes trägt diese "Informationsdestillation" auch zur drastischen Verringerung von potenziellen Fehlern bei. Die Daten, die übrig bleiben, werden schließlich anwendungsbezogen aufbereitet und zu einem qualifizierten Ergebnis geführt.

Wenn's um Geld geht...

Betrachtet man beispielsweise den Entscheidungsprozess, der mit einer Kreditvergabe verbunden ist, so lässt er sich in drei Hauptthesen gliedern, die auch in dem Qualicision-Tool direkt gespiegelt werden können:

  • Orientierungsphase
  • Klärung
  • Entscheidung

Ein erfahrener Kundenberater wird aus seiner Tätigkeit heraus neben den nüchternen Fakten, wie gewünschte Kredithöhe, Tilgungsmodalitäten, Absicherung etc. auch Fragen stellen, die indirekt zu einer Verifikation und damit erhöhten Sicherheit bei einer Gewährung führen. Das sind dann beispielsweise Plausibilitätskontrollen, die den potenziellen Kunden in seinen finanziellen Kontext stellen.

Eine Software, die dein Anspruch erhebt, bonitätsrelevante Entscheidungen herbeiführen oder unterstützen zu können, muß somit ebenfalls die Vielfalt von Fragen der Plausibilität unternehmensspezifisch darstellen können. Das heißt festzustellen, wenn etwas "nicht so ganz stimmen könnte" und das schließlich zuverlässig zu signalisieren.

Vereinfachtes Beispiel: sucht der 35 jährige Facharbeiter, verheiratet, zwei Kinder mit gerade auf Kredit finanziertem Haus nach einem weiteren, vielleicht fünfstelligen Kredit nach, müssen Fragen beantwortet werden. Wofür: Auto, Reparatur, Reise oder Fortbildung? Ist eine ausreichende Sicherheit gegeben? Gibt es mögliche Bürgen? Steht ein Erbe in Aussicht - eben die bekannten Aspekte. Je größer nun die Anzahl der in die Bewertung einfließenden Parameter ist, desto schwieriger wird die übliche formelmäßige Beschreibung. Ist in einer Rubrik ein angeklicktes "Ja" schon eine qualifizierende Aussage? Sicherlich nicht. Wie wird die Grußmutter mit Grund und boden gewichtet? Formelmäßig in jedem Falle eine Herausforderung, die nicht unbedingt geschlossen gelöst werden kann.

Bei der Fuzzy-Logik basierten Entscheidung, wie sie durch das Qualicision-Tool herbeigeführt wird, geht man einen anderen Weg. Es wird zunächst ein kundenspezifischer Kriterienkatalog aufgestellt, der die relevanten Parameter enthält.

Sie werden zweckmäßig von und mit den Fachleuten zusammengetragen und im System hinterlegt. Sie stellen das Gerüst der in die Entscheidung einfließenden Fragen dar. Im nächsten Schritt werden die Verknüpfungen und Priorisierungen eingestellt.

Das geschieht im Sinne einer einfachen und zuverlässigen Bedienerführung. Optisch ist das in Teilen mit einem Mischpult vergleichbar: mit Schiebereglern, die es gestatten, Prioritäten einzustellen.

Im Ergebnis sieht es drastisch vereinfacht so aus, dass ein "elektronischer Fragebogen" im Hintergrund von der Software ausgefüllt und ausgewertet wird. Priorisierungen und Aussagen innerhalb eines definierbaren Beantwortungsspektrums werden dann über den geschützten Fuzzy-Kern aufbereitet und mit einer Aussage dem Nutzer mitgeteilt. Im Privatkundengeschäft zum Beispiel: "Kredit gewähren", "Kreditantrag abschließend mit Kompetenzträger klären" oder "Kredit nicht empfehlen".

Durch den Einsatz werden zwei weitere Nutzen verfügbar: zum einen können Kreditempfehlungen oder -vergaben revisionssicher dokumentiert werden. Also Mitarbeiterunabhängig. Und, diese Computerbasierte Führung ermöglicht es Nachwuchskräften, die Entscheidungsprozesse schneller verinnerlichen zu können.

Aber auch für die absoluten Profis im Unternehmen hat das System einen nutzen. Sie können mit ihrer Sachkompetenz die Entscheidungsprozeduren aktiv optimieren und zu einer besseren Performanz beitragen.

Cross-Selling von Produkten wird ebenfalls durch die Quallicision Software unterstützt. Der Kundenberater erhält während des Beratungsvorgangs Hinweise von System, welche zusätzlich Produkte für den Kunden geeignet wären. Er kann im Gespräch mit Hilfe dieser Hinweise den Kunden gezielt auf entsprechende Produkte ansprechen und hat die Gewissheit, dass alle Aspekte angesprochen wurden.

Da die Qualicision-Software ein offenes System ist, das vollständig auf die Benutzerspezifischen Aufgaben ausgelegt werden kann, lassen sich im Bankwesen gleichermaßen beispielsweise folgende Einsätze realisieren:

  • Datenbankbestandsanalyse gemäß Institutsspezifischer Selektionskriterien, z.B. für gezielte Bewerbung neuer Produkte oder Dienstleistungen, Mailingaktionen, etc. auch für strategische Entscheidungen im Vorfeld der Produktdefinition
  • Fokussierung der Kundenkommunikation auf die Zielgruppen-relevanten Leistungen, daher Vermeidung von Informationsübersättigung und Störung bestehender und Potenzieller Kunden sowie von Streuverlusten
  • Kundensegmentierungen zur Analyse eines Datawarehouses
  • Systematisierung und Qualifizierung der Unternehmens-Maßnahmen gemäß dem Basel II-Abkommen so dass Unternehmen aus dem Kundenkreis besser vorbereitet sind
  • Limit-Entscheidungen